Empfehlungen zur Vermeidung von langen Arbeitszeiten

Gute Auftragslage, enge Zeitziele, Mangel an Fachpersonal … Situationen, in denen die Tages- und Wochenarbeitszeit der Mitarbeiter*innen über dem normalen Soll liegt, kennen fast alle Betriebe. Praktiker*innen wissen, lange Arbeitszeiten sind nicht immer vermeidbar. In ihrem Leitfaden zur arbeitsmedizinischen Beurteilung langer Arbeitszeiten gibt die Österreichische Gesellschaft für Arbeitsmedizin1) Empfehlungen, mit denen es gelingen kann,  lange Arbeitszeiten zu vermeiden.

 

 

Lange Arbeitszeiten als Risikofaktor

 

Der Zusammenhang zwischen langen Arbeitszeiten und erhöhter Unfall- bzw. Verletzungsgefahr ist seit längerem nachgewiesen. Einige Studien ermitteln sogar ein um 80 % erhöhtes Risiko bei einer Arbeitszeit von 12 Stunden. Ebenso sind häufigere Erkrankungen vielfach wissenschaftlich belegt. Zu nennen sind hier vor allem Herzkreislauferkrankungen, Schlaganfall, Stoffwechselkrankheiten (z. B. Diabetes) sowie Muskel- und Skeletterkrankungen. Nicht zuletzt beeinflussen verlängerte Tages- und Wochenarbeitszeiten die Vereinbarkeit von Beruf und Privatleben, was ein vermehrtes Stressempfinden bis hin zu psychischen Beeinträchtigungen nach sich ziehen kann. 


Gestaltungsempfehlungen

Zur Minimierung negativer Auswirkungen langer Arbeitszeiten sprechen die Autor*innen folgende Empfehlungen aus:

 

Senkung und Ausgleich von Belastung und Beanspruchung

 

  • Grundsätzlich anzuraten ist eine Begrenzung der täglichen und wöchentlichen Arbeitszeit.
  • Lassen sich Arbeitszeiten von über 10 Stunden täglich bzw. 48 Stunden wöchentlich nicht umgehen, sollten lange Arbeitstage nur einzeln und nicht mehrmals in Folge geplant werden.
  • Ausreichende Ruhezeiten dienen zum Ausgleich der erhöhten Belastung. Bereits während der Arbeit können Pausen Beanspruchungsfolgen wie Ermüdung senken. Günstig sind hier vor allem mehrere Kurzpausen.

 

Stärkung von Ressourcen

 

  • Der eigene Einfluss der/des Arbeitnehmer*in auf die Arbeitszeitgestaltung (Gleitzeit, Wahl zwischen mehreren Arbeitszeitmodellen/Schichtplänen, Möglichkeit der flexiblen Arbeit z. B. durch Homeoffice) verbessert Zufriedenheit, Work-Life-Balance und Gesundheit.
  • Die kontinuierliche Einbindung der Arbeitnehmer*innen in die Arbeitszeitgestaltung erhöht die Akzeptanz und wirkt sich belastungsreduzierend aus. 
  • Durch regelmäßige Schulungen bzw. Informationen zu gesundheitsbewusstem Verhalten können Arbeitnehmer*innen über Risiken selbstgewählter ungünstiger Arbeitszeiten bzw. Entgrenzung aufgeklärt werden.

 

Betriebskultur und Führungsverhalten

 

  • Empfehlenswert ist eine betriebliche Kultur, die lange Arbeitszeiten (z. B. durch Präsenzkultur oder exzessive Überstunden) nicht systematisch unterstützt.
  • Karrieremöglichkeiten sollten auch Personen mit geringerem Arbeitsumfang (Teilzeit oder Vollzeit ohne Überstunden) eingeräumt werden.
  • Bei der Festlegung von Arbeitszeiten ist die betriebliche Demografie zu berücksichtigen. Ältere Arbeitnehmer*innen sind oftmals weniger belastbar.
  • Durch lebensphasenorientierte Arbeitszeiten wird eine bessere Work-Life-Balance erreicht.
  • Eine regelmäßige Evaluation von Gesundheit und Zufriedenheit der Beschäftigten gibt wichtige Hinweise im Hinblick auf Umgang mit und Auswirkungen von Arbeitszeiten.
  • Mitarbeiterbefragungen sind ein geeignetes Instrument, um Problemfälle frühzeitig identifizieren und entsprechende Maßnahmen im Hinblick auf Gesundheitsschutz und -förderung einleiten zu können.