Arbeitszeitrecht: FAQ

Hier finden Sie Antworten auf häufig gestellte Fragen zur Arbeitszeitgestaltung in der betrieblichen Praxis. Die Antworten sind nach bestem Wissen und Gewissen recherchiert. Trotzdem stellen sie ausdrücklich keine Rechtsberatung dar. Diese kann nur durch eine oder einen Fachanwalt/Fachanwältin erfolgen.

Gesetze zur Arbeitszeit


Tägliche Arbeitszeit

In welchen Fällen darf die tägliche Arbeitszeit 8 Stunden überschreiten?

Die werktägliche Arbeitszeit kann auf bis zu 10 Stunden verlängert werden, wenn innerhalb von 6 Kalendermonaten (24 Wochen) im Durchschnitt nicht länger als 8 Stunden werktäglich gearbeitet wird. Werktage sind von Montag bis Samstag.

 

Daraus ergibt sich zum einen für Beschäftigte eine wöchentliche Höchstarbeitszeit von 60 Stunden (6 Werktage x 10 Stunden) sowie zum anderen eine durchschnittliche wöchentliche Höchstarbeitszeit von 48 Stunden (6 Werktage x 8 Stunden).


Was ist bei der Arbeitszeit zu berücksichtigen, wenn Arbeitnehmer*innen eine Nebentätigkeit ausüben?

Grundsätzlich gilt, dass die Arbeitszeiten von Haupt- und einer oder mehreren Nebentätigkeiten zusammen betrachtet werden. Das hat zur Folge, dass bei der täglichen und wöchentlichen Höchstarbeitszeit sowie bei Pausen- und Mindestruhezeiten immer alle Beschäftigungen zusammen zählen.


Sind geteilte Dienste zulässig?

Das Arbeitszeitgesetz enthält keine Regelungen, die geteilten Diensten entgegenstehen. In §4 ArbZG wird die Mindestunterbrechung der Arbeit durch Pausen geregelt; längere Pausen sind also möglich. Als Pause gilt eine Arbeitsunterbrechung, die im Voraus festgelegt ist und in der die oder der Arbeitnehmer*in weder Arbeit zu leisten noch sich für diese bereitzuhalten hat.

 

Viele Beschäftigte lehnen geteilte Dienste ab. Sie verlängern die Abwesenheit von zuhause, wodurch die Betreuung von Kindern und die Pflege von Angehörigen erschwert werden können. Das Bundesarbeitsgericht hat klargestellt, dass bei der Dauer der Pausen neben den betrieblichen Interessen auch die Interessen der Arbeitnehmer*innen zu berücksichtigen sind (BAG v. 16.12.2009 – 5AZR 157/09, NZA 2010, 505). Die Festlegung der Arbeitszeit und der Pausen sind mitbestimmungspflichtig (§87 (1) Nr. 2).


Nacht- und Schichtarbeit

Welche Handlungsempfehlungen ergeben sich aus den gesicherten arbeitswissenschaftlichen Erkenntnissen für die Nacht- und Schichtarbeit im Betrieb?

Die Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin gibt folgende zehn Handlungsempfehlungen:

https://www.baua.de/DE/Themen/Arbeitsgestaltung-im-Betrieb/Arbeitszeit/Nacht-und-Schichtarbeit.html

Nicht alle Empfehlungen können gleichzeitig umgesetzt werden. Vorrang sollten die Empfehlungen haben, die dazu beitragen, das gesundheitliche Risiko für Beschäftigte zu reduzieren.


Sind Arbeitgeber*innen verpflichtet, die gesicherten arbeitswissen-schaftlichen Erkenntnisse bei Nacht- und Schichtarbeit zu berücksichtigen?

Arbeitgeber*innen sind verpflichtet, die gesicherten arbeitswissenschaftlichen Erkenntnisse bei der Festlegung der Arbeitszeit zu berücksichtigen (§6 (1) ArbZG). Darüber hinaus sind von dem oder der Arbeitgeber*in  weitere Faktoren wie z. B. betriebsorganisatorische, produktionstechnische und wirtschaftliche Faktoren zu beachten. Alle Faktoren sind zu berücksichtigen und angemessen zu gewichten. Eine regelmäßige Überprüfung kann dazu beitragen, dass arbeitswissenschaftliche Erkenntnisse noch besser umgesetzt werden können.


Kann ein oder eine Nachtarbeitnehmer*in aufgrund von Betreuungs- oder Pflegeverpflichtungen die Umsetzung auf einen Tagesarbeitsplatz verlangen?

Ein*e Nachtarbeitnehmer*in kann vom oder von der Arbeitgeber*in eine Umsetzung auf einen geeigneten Tagesarbeitsplatz verlangen, wenn ein Kind unter 12 Jahren im Haushalt der oder des Beschäftigten lebt, oder ein*e schwer pflegebedürftige*r Angehörige*r zu versorgen ist. In diesen Fällen muss die Betreuung bzw. die Pflege nicht von einer anderen Person im Haushalt übernommen werden können (§6 (4) ArbZG). Der oder die Arbeitgeber* kann von einer Umsetzung absehen, wenn dringende betriebliche Gründe dem entgegenstehen.


Kann ein*e Nachtarbeitnehmer*in aufgrund von gesundheitlichen Einschränkungen die Umsetzung auf einen Tagesarbeitsplatz verlangen?

Wenn arbeitsmedizinisch, z. B. durch einen Werksarzt oder eine Werksärztin, festgestellt wird, dass ein weiterer Einsatz in der Nachtschicht die Gesundheit der oder des Beschäftigten gefährdet (§6 (4)), kann sie oder er eine Umsetzung auf einen Tagesarbeitsplatz verlangen. Der Anspruch auf Umsetzung steht unter dem Vorbehalt, dass nicht dringende betriebliche Gründe dem entgegenstehen (§6 (4) ArbZG).


Wie häufig muss bei Nachtarbeitnehmer*innen eine arbeitsmedizinische Untersuchung durchgeführt werden?

Nacharbeitnehmer*innen sind berechtigt, sich vor Beginn der Beschäftigung und dann alle drei Jahre arbeitsmedizinisch z. B. von einer oder einem Arbeitsmediziner*in untersuchen zu lassen. Nacharbeiternehmer*innen, die das 50. Lebensjahr vollendet haben, steht eine jährliche Untersuchung zu (§5 (3) ArbZG). Ziel der Untersuchung ist es, festzustellen, ob die oder der Beschäftigte für die Nachtarbeit geeignet ist bzw. ob die Nachtarbeit die Gesundheit gefährdet. Eine Verpflichtung zur Untersuchung besteht auf Seiten der Beschäftigten nicht. Der oder die Arbeitgeber*in trägt die Kosten für die Untersuchung. Einen Anspruch auf Untersuchung gegen die oder den Nachtarbeitnehmer*in hat er jedoch nicht. Um mögliche Risiken der Nachtarbeit möglichst frühzeitig zu erkennen und handeln zu können, sollten Beschäftigte und Arbeitgeber*in auf regelmäßige Untersuchungen achten.


Ruhezeiten

Wie lang muss die Ruhezeit sein?

Ruhezeiten sind für die Gesunderhaltung der Beschäftigten von besonderer Bedeutung. Deshalb beträgt die ununterbrochene Mindestruhezeit nach Beendigung der täglichen Arbeitszeit 11 Stunden (§5 (1) ArbZG). Maßgeblich ist die individuelle, werktägliche Arbeitszeit eines/einer Beschäftigten und nicht die Arbeitszeit eines Kalendertages. In Schichtbetrieben reicht die Ruhezeit damit regelmäßig in den nächsten Werktag hinein.


Gibt es die Möglichkeit, die Ruhezeit von 11 Stunden zu verkürzen?

Eine Verkürzung der Ruhezeit auf bis zu 10 Stunden (also eine Verkürzung um bis zu eine Stunde) ist möglich in Krankenhäusern und Einrichtungen zur Behandlung, Pflege und Betreuung von Personen, in Gaststätten und anderen Einrichtungen zur Bewirtung und Beherbergung, in Verkehrsbetrieben, beim Rundfunk, in der Landwirtschaft und Tierhaltung (§5 (2) ArbZG). Voraussetzung ist, dass die Verkürzung der Ruhezeit durch eine Verlängerung der Ruhezeit auf mindestens 12 Stunden ausgeglichen wird. Der Ausgleich muss innerhalb eines Monats (4 Wochen) erfolgen.

 

In Krankenhäusern und anderen Einrichtungen zur Behandlung, Pflege und Betreuung von Personen ist eine weitere Ausnahme möglich: Werden Beschäftigte während einer Rufbereitschaft in Anspruch genommen, kann die Ruhezeit gekürzt werden (§5 (3) ArbZG). Dabei darf die Inanspruchnahme nicht mehr als die Hälfte der Ruhezeit betragen und sie muss zu einem anderen Zeitpunkt ausgeglichen werden. Eine Vorgabe zum Ausgleichszeitraum sieht das ArbZG nicht vor. In anderen Branchen als die oben genannten gilt die Verkürzungsregelung nicht.

 

Eine Verkürzung der Ruhezeit auf bis zu 9 Stunden (also eine Verkürzung um bis zu zwei Stunden) ist möglich, wenn die Art der Arbeit dies erfordert und ein Ausgleichszeitraum festgelegt wird. Voraussetzung ist, dass ein Tarifvertrag bzw. aufgrund eines Tarifvertrags eine Betriebsvereinbarung diese abweichende Regelung zulässt (§7 (3) ArbZG).


Ein*e Mitarbeiter*in hat einen nächtlichen Rufbereitschaftseinsatz und kann aufgrund der Einhaltung der Mindestruhezeit erst verspätet den geplanten Dienst am Folgetag beginnen. Muss ein*e Arbeitgeber*in Mitarbeiter*innen die „ausgefallene“ Arbeitszeit gut schreiben?

Es besteht kein gesetzlicher Anspruch auf Ausgleich der ausgefallenen Arbeitszeit, wenn ein*e Arbeitnehmer*in aufgrund der einzuhaltenden Mindestruhezeit erst verspätet oder auch gar nicht am Folgetag zur regelmäßigen Arbeitszeit erscheinen kann. Die ausgefallene Arbeitszeit muss weder bezahlt (BAG vom 5.7.1976 – 5 AZR 264/75) noch in Zeit gut geschrieben werden (BAG vom 13.12.2007 – 6 AZR 197/07).

 

Auf tariflicher und betrieblicher Ebene kann ein Ausgleich vereinbart werden.


Arbeit auf Abruf

Welche Vorankündigungsfrist muss der oder die Arbeitgeber*in bei Arbeit auf Abruf einhalten?

Je früher der oder die Arbeitgeber*in die Arbeit ankündigt, desto besser können sich die Beschäftigten darauf einstellen. Zur Arbeitsleistung verpflichtet sind sie, wenn der oder die Arbeitgeber*in die Lage der Arbeitszeit jeweils mindestens vier Tage im Voraus mitteilt.


Muss bei Arbeit auf Abruf die Dauer der wöchentlichen Arbeitszeit festgelegt werden?

In Vereinbarungen zwischen Arbeitgeber*in und Beschäftigten zur Arbeit auf Abruf muss die wöchentliche Arbeitszeit festgelegt werden. Ist dies nicht der Fall, gilt ab 1.1.2019 nach dem Teilzeit- und Befristungsgesetz (§12) eine wöchentliche Arbeitszeit von 20 Stunden als vereinbart (bis Ende 2018: 10 Stunden).


Ist bei Arbeit auf Abruf die zusätzlich abrufbare Zeit gedeckelt?

Ja, der oder die Arbeitgeber*in darf nach dem neuen Teilzeit- und Befristungsgesetz (§12) bis zu 25% der vereinbarten wöchentlichen Arbeitszeit zusätzlich abrufen. Ausgangspunkt für den zusätzlichen Abruf ist die vereinbarte wöchentliche Mindestarbeitszeit  zwischen Arbeitgeber*in und Mitarbeiter*in.


Ist bei Arbeit auf Abruf der Minderabruf gedeckelt?

Ja, der oder die Arbeitgeber*in darf nach dem neuen Teilzeit- und Befristungsgesetz (§12) bis zu 20% der wöchentlichen Arbeitszeit weniger abrufen. Ausgangspunkt ist die zwischen Arbeitgeber*in und Mitarbeiter*in vereinbarte wöchentliche Höchstarbeitszeit.


Dokumentationspflicht

Muss die tägliche Arbeitszeit dokumentiert werden?

Der oder die Arbeitgeber*in ist verpflichtet, die Arbeitszeit der Arbeitnehmer*innen aufzuzeichnen, die über die tägliche Arbeitszeit von acht Stunden an Werktagen hinausgeht. Daraus ergibt sich, dass die Arbeitszeit an Sonn- und Feiertagen immer aufzeichnungspflichtig ist, da diese Tage keine Werktage sind.

 

Für die Aufzeichnung ist keine bestimmte Form vorgeschrieben. Als ausreichend werden z. B. folgende Nachweise angesehen: handschriftliche Aufzeichnung, Aufzeichnungen mit Hilfe elektronischer Datenverarbeitung oder Zeiterfassungssysteme.